UX Research: Warum Services & Produkte genutzt werden...
Wenn Nutzer nicht auf die Art und Weise mit einer Website, App oder einem digitalen Service interagieren, wie man es sich wünscht, kann das viele Gründe haben. Durch UX Research werden aus vagen Vermutungen bewiesene Hypothesen – und letztlich Optimierungen im UX Design, die konsequent am Kundennutzen ausgerichtet sind. Wir teilen unser Praxiswissen und zeigen auf, was hinter dem Thema UX Research steckt. Lerne Methoden und Best Practices, die bei der UX Arbeit wichtig sind und wie UX Research im Unternehmen erfolgreich umgesetzt wird.
Was ist UX Research?
Unter UX Research oder User Experience Research verstehen wir alle Methoden, mit denen das Verhalten der Nutzer, ihre Bedürfnisse und Motivationen erfasst werden können. Bewährte UX Research Methoden sind z.B. Interviews, Usability Tests, Umfragen aber auch die Analyse von Nutzungsdaten.
Welches Ziel verfolgt UX Research?
Als Teil des gesamten UX Design Prozesses verfolgt UX Research das Ziel, Annahmen zum Nutzerverhalten durch belastbare Daten zu validieren. Dadurch werden Entscheidungen in der Produktentwicklung auf Basis gesicherter Erkenntnisse getroffen und langfristig das Wissen im Unternehmen zum Verhalten der Kunden erhöht.
Die Erfahrungen zeigen, dass nutzerzentriertes Design nicht nur ein Gewinn für die Kunden ist – es sichert und steigert auch den Geschäftserfolg.
Ein Beispiel: Die Bank of America verdoppelt ihre Rendite im Online-Banking innerhalb von einer Woche. Der Grund liegt in der Optimierung der Anmeldung für das Online-Banking. Zuvor wurde ein UX Research durchgeführt und die Erkenntnisse in das Redesign des Registrierungsformulars aufgenommen. Das Designteam erstellte dazu Prototypen und testete verschiedene Designlösungen, um seine Annahmen über Nutzerpräferenzen zu validieren.
Welche Bedeutung hat UX Research?
UX Research gibt Designern und Beratern Methoden an die Hand, mit denen Produkte und Services optimal an den Kundenbedürfnissen ausgerichtet werden können. Der Nutzer wird mit seinen echten Anforderungen – und nicht den Annahmen des Unternehmens bezüglich dieser – zum Zentrum aller Design-Entscheidungen.
Insgesamt ist UX Research ein wichtiger Bestandteil des UX-Designprozesses. Durch UX Research können Designer und Produktteams…
… den Kontext verstehen, in dem Benutzer mit einem Produkt oder Service interagieren,
… Schmerzpunkte oder verbesserungswürdige Bereiche identifizieren,
… Designentscheidungen validieren,
… Investitionsrisiken durch Wissen über die Kundenbedürfnisse minimieren.
Saskia Everard, Product Designer beim Hotjar, bringt es auf den Punkt:
„Ein typischer Fehler beim UX Design ist es, direkt mit Lösungen zu beginnen, ohne das Problem bzw. die Chance vollständig verstanden zu haben. Um das zu vermeiden, fragen Sie nach dem Warum: Sprechen Sie mit Nutzern und Stakeholdern, warum ein bestimmtes Problem für sie wichtig ist. Erheben Sie Daten darüber, wo sich das Problem am stärksten auf die Nutzererfahrung auswirkt, welche Segmente am meisten von dem Problem betroffen sind usw.“
Wie fügt sich UX Research in den Designprozess ein?
UX Research und Design gehen Hand in Hand – jedenfalls dann, wenn der Designprozess benutzerzentriert abläuft und nicht nur auf den Annahmen der eigenen Mitarbeiter basiert.
Erörterung von Nutzerbedürfnissen
In den frühen Phasen des Designprozesses können Interviews, Umfragen oder Fokusgruppen dabei helfen, Erkenntnisse über die Bedürfnisse und das Verhalten der Nutzer zu gewinnen. Aus diesen Daten können danach Muster, Trends und Erkenntnisse ermittelt werden. Diese fließen in den Designprozess ein, um User Personas, User Scenarios und User Journeys zu erstellen, die den Bedürfnissen der Benutzer entsprechen.
Testen der Erkenntnisse
Als nächstes folgt das Prototyping. Durch parallel laufende Usability-Tests kann während diesem Prozessschritt direktes Feedback von Nutzern gesammelt werden. So können Designer fundierte Entscheidungen darüber treffen, wo ihre Entwürfe schon den Kundenwünschen entsprechen – und wo noch nachgebessert werden muss.
Zuhören und weiter optimieren
Im Sinne der agilen Entwicklung hört es natürlich nicht mit der ersten Iteration eines neuen Features auf. Stattdessen wird weiter getestet: durch Analytics und weitere Usability-Tests sowie Interviews etc. Wichtig ist es, stets ein offenes Ohr für Feedback zu haben – ob persönlich im Customer Support oder auf Bewertungsplattformen im Netz. Dadurch ergeben sich neue Ansätze und Impulse, bis hin zum Neustart des Research Prozesses.
Definition wichtiger UX-Begriffe
Beim Thema UX Research werden gern miteinander verwandte Begriffe durcheinandergeworfen: User Experience, User Interface, Usability… Hier ein Überblick:
Was ist User Experience (UX)?
Die UX (auch Benutzererfahrung) bezieht sich auf die Gesamterfahrung, die ein Benutzer bei der Interaktion mit einem Produkt oder einer Dienstleistung macht, einschließlich seiner Gefühle, Einstellungen, Wahrnehmungen und Verhaltensweisen.
Dabei umfasst User Experience alle Aspekte der Interaktion des Benutzers mit dem Produkt, einschließlich des Erscheinungsbildes, der Haptik und der Funktionen. UX-Designer versuchen Produkte zu entwickeln, die intuitiv, effizient und angenehm zu bedienen sind. Durch UX Research lässt sich nachvollziehen, was Nutzer wirklich von Produkten und deren Benutzung halten.
Was ist ein User Interface (UI)?
Ein User Interface (auch Benutzeroberfläche) meint die visuellen und interaktiven Elemente eines digitalen Produkts oder einer Dienstleistung, einschließlich Schaltflächen, Icons, Menüs und anderer Bildschirmelemente – also den Teil, mit dem Menschen bei der Benutzung interagieren. Erweitert man den Blickwinkel vom UI auf das Produktdesign, so lassen sich durchaus auch Aspekte des Produktdesigns unter UI und UX Gesichtspunkten betrachten, wie das Beispiel der Ketchup-Flasche sehr gut zeigt.
UI-Design ist ein wichtiger Bestandteil bei der Entwicklung eines benutzerfreundlichen Produkts, da es einen erheblichen Einfluss darauf hat, wie die Benutzer das Produkt wahrnehmen und mit ihm interagieren. Zu einem guten UI-Design gehören oft klare und konsistente visuelle Hinweise, eine intuitive Navigation und ein logisches Layout.
Was ist Usability?
Usability (auch Benutzerfreundlichkeit) beschreibt die Leichtigkeit, mit der Benutzer bestimmte Aufgaben mit einem Produkt oder einer Dienstleistung erledigen können. Sie misst, wie effektiv Benutzer ihre Ziele erreichen können. Damit ist die Usability Teil der User Experience und wird durch das User Interface unterstützt.
Die Benutzerfreundlichkeit wird häufig durch Benutzertests und andere UX Research-Methoden bewertet und kann durch Designänderungen verbessert werden, die das Benutzererlebnis vereinfachen und optimieren.
UX Research-Methoden im Überblick
Im UX Research kommen zahlreiche Methoden zum Einsatz. Die Auswahl der optimalen Methodik orientiert sich an verschiedenen Kriterien und Faktoren wie z.B. die verfügbare Zeit, das verfügbare Budget, die Zielsetzung der Research-Fragen oder auch die Erfassung bestimmter Arten von Daten. Einige Methoden, wie z. B. Nutzerinterviews und Fokusgruppen, sind qualitativer Natur und helfen dabei, umfassende und detaillierte Einblicke in die Einstellungen und Erfahrungen der Nutzer zu gewinnen. Andere Methoden, wie z. B. Datenanalysen und A/B-Tests, erfassen quantitative Daten über das Nutzerverhalten und die Nutzungsmuster.
Qualitativer UX Research
Ziel ist die umfassende Analyse eines Themas und der Erkenntnisgewinn für die Entwicklung neuer Hypothesen. Der qualitative UX Research berücksichtigt tendenziell kleinere Fallzahlen und geht dafür besonders in die Tiefe. Drei gängige qualitative Methoden sind: Nutzerinterviews, Fokusgruppe und Usability-Testing.
Quantitativer UX Research
Bei quantitativen Research Projekten wird der Fokus auf einen genau definierten Ausschnitt des Themas gelegt. Die Methoden eignen sich besser für das Testen bestehender Hypothesen. Um eine statistische Auswertung der Ergebnisse zu ermöglichen, brauchen quantitative Methoden möglichst hohe Fallzahlen.
Zudem wird zwischen Behavioral Research (Einstellungs-Research) und Attitudinal Research (Verhaltens-Research) unterschieden:
Methoden des Behavioral Research zielen darauf ab, zu verstehen, wie Nutzer über ein Produkt, eine Dienstleistung oder eine Schnittstelle denken und was sie dazu fühlen.
Methoden des Attitudinal Research hingegen wollen verstehen, wie Benutzer mit einem Produkt, einer Dienstleistung oder einer Schnittstelle interagieren.
Die Landschaft der UX Research Methoden bildet die folgende Grafik ab:
Drei beliebte quantitative UX Research Methoden
1. Nutzerinterviews
Bei Nutzerinterviews stellen UX Researcher – meist in einem Team von zwei Personen – ausgewählten Nutzern eine Reihe offener Fragen zu ihren Erfahrungen und Gedanken rund um ein Produkt.
Ziel: Durch Nutzerinterviews kann die Perspektive des Nutzers in der Tiefe verstanden werden und es sind Einblicke möglich, wie mit dem Produkt interagiert wird, wo mögliche Probleme liegen und welche Funktionen oder Verbesserungen sich der Proband wünschen würde.
Durchführung: Die Interviews können persönlich, per Telefon oder online über eine Videokonferenz stattfinden. Die Sessions dauern in der Regel zwischen 30 Minuten und einer Stunde und werden häufig für eine spätere Analyse aufgezeichnet.
Im Voraus sollte eine strukturierte Liste von Fragen vorbereitet werden, damit auch wirklich alle wichtigen Themen abgedeckt sind. Best Practice sind offene Fragen, die Nutzern die Chance geben, die Gedanken und Gefühle in eigenen Worten wiederzugeben. Der Interviewer sollte aktiv zuhören, offene Folgefragen stellen und unbedingt Suggestivfragen vermeiden.
2. Fokusgruppen
Bei Fokusgruppen wird eine kleine Gruppe von Nutzern (6-10 Personen) zusammengebracht, um ein bestimmtes Thema oder Produkt in einem moderierten Rahmen zu diskutieren. Ein Moderator leitet das Gespräch durch offene Fragen und Aufforderungen zur aktiven Gesprächsteilnahme.
Ziel: Genau wie bei Nutzerinterviews wird hier die Nutzerperspektive in ihrer Tiefe beleuchtet. Durch die Gruppe können sich Diskussionen noch einmal anders entwickeln als in Einzelgesprächen: Von einem Teilnehmer vorgestellte Ideen und Gedanken können sofort durch die Gruppe validiert oder hinterfragt werden.
Durchführung: Auch Fokusgruppen können persönlich oder online stattfinden und dauern in der Regel zwischen ein und zwei Stunden. Eine Aufzeichnung ist sinnvoll, um die Vielzahl an Informationen als auch die Interaktion zu dokumentieren. Fokusgruppen können besonders in den frühen Phasen des Produktentwicklungszyklus nützlich sein. Insbesondere dann, wenn es darum geht, neue Ideen zu entwickeln und Produktkonzepte zu validieren. Sie sind jedoch nicht repräsentativ für die gesamte Benutzerpopulation und ihre Erkenntnisse sollten durch andere Research-Methoden wie Umfragen validiert werden.
3. Usability-Tests
Bei Usability-Tests werden Benutzer dabei beobachtet, wie sie vorgegebene Aufgaben mithilfe eines Produkts erledigen. Sie werden zudem dazu aufgefordert, ihre Gedanken zu teilen und direktes Feedback zu geben. Auch quantitative Daten können Teil der Task-Erfolgsmessung sein, z. B. „hat Element xy gesehen: ja/nein“, „Zeit bis zum Ende“, „Anzahl der Fehlversuche”, etc. Daher sind Usability-Tests ein Grenzfall zwischen qualitativem und quantitativem Research.
Ziel: Beim Usability-Testing werden – wie der Name schon sagt – Usability-Probleme identifiziert und Nutzerfeedback gesammelt, um das Design danach hinsichtlich der Benutzerfreundlichkeit zu verbessern.
Durchführung: Während eines Usability-Tests werden Benutzer gebeten, eine Reihe von Aufgaben zu erledigen, während ein Moderator oder Beobachter ihre Aktionen und ihr Feedback aufzeichnet. Die Aufgaben zielen auf das Testen vorab definierter Produktaspekte ab, z. B. die Navigation, die Suche oder das Tätigen eines Kaufabschlusses. Die Benutzer können auch gebeten werden, Feedback zur allgemeinen Usability des Produkts zu geben, einschließlich etwaiger Probleme oder Unklarheiten.
Usability-Testing ist ein wichtiger Teil des UX-Designprozesses und wird in mehreren Phasen des Produktentwicklungszyklus durchgeführt. Usability-Tests können in verschiedenen Umgebungen durchgeführt werden, z. B. persönlich, remote oder als unmoderierte Online-Tests.
Drei beliebte qualitative UX Research Methoden
1. Umfragen mit Fragebögen
Umfragen werden im UX Research verwendet, um Daten von einer großen Anzahl von Nutzern in strukturierter Form zu sammeln. In einer Umfrage werden eine Reihe von standardisierten Fragen mit vordefinierten Antwortmöglichkeiten gestellt, z. B. Multiple-Choice oder Likert-Skalen. Ergänzend können auch offene Fragen vorkommen.
Ziel: Die durch Umfragen gewonnene Erkenntnisse liefern quantitative Daten über das Verhalten und die Vorlieben der Teilnehmer, die eine Basis für statistische Analysen und die Ermittlung von Trends bilden. Weil sie schnell und effizient Feedback von einer großen Anzahl an Nutzern sammeln, gelten Umfragen als kosteneffiziente UX Research-Methode. Allerdings fehlt es den ermittelten Informationen an Tiefe, es kann zu Antwortverzerrungen kommen und Rückfragen sind nicht möglich. Daher werden Umfragen normalerweise mit qualitativen Methoden kombiniert.
Durchführung: Umfragen können online, persönlich oder per Telefon durchgeführt werden.
Die Fragen erfassen spezifische Informationen von den Nutzern, z. B. ihre Zufriedenheit mit einem Produkt oder einer Dienstleistung und die Wahrscheinlichkeit, dass sie es weiterempfehlen. Umfragen können auch dazu dienen, demografische Informationen über die Nutzer zu sammeln, z. B. Alter, Geschlecht, Bildung und Einkommen.
2. A/B-Tests
Mit A/B-Tests werden die Auswirkungen von Designänderungen auf das Nutzerverhalten oder die Produktleistung bewertet.
Ziel: A/B-Tests erlauben es, Designänderungen in einer Live Umgebung z.B. einer Website zu testen. Verschiedene Tools ermöglichen es, bestimmten Nutzern eine B-Version auszuspielen und die Interaktionen gegen die Gruppe zu verifizieren, welche die A-Version nutzt. So werden Anpassungen an einem Produkt getestet, bevor sie final ausgerollt werden. Damit werden „Verschlimmbesserungen“ verhindert. Nur, wenn eine neue Iteration wirklich besser performt, wird die alte von ihr abgelöst.
Durchführung: Bei einem A/B-Test wird Nutzern nach dem Zufallsprinzip eine von zwei Versionen des Produkts angezeigt – Version A oder Version B (auch Tests mit weiteren Versionen sind möglich). Die beiden Versionen können sich in einem oder mehreren Designelementen wie Layout, Farbe, Schriftart oder Text unterscheiden. Der Test misst dann das Nutzerverhalten, z. B. Klicks, Konversionen oder Verweildauer auf der Website. Wichtig: Die Stichprobe muss ausreichend groß sein, um statistische Signifikanz zu gewährleisten.
3. Data Analytics
Analytics im Rahmen von UX Research meint die Verwendung von Datenanalysetools und -techniken, die das Nutzerverhalten in Form von Leistungskennzahlen messen.
Ziel: Durch Analytics werden Daten in Echtzeit gesammelt, ohne dass Analysten sich auf die Selbstauskünfte von Nutzern verlassen müssen. Weil die Daten automatisch erfasst werden, können auch große Datenmengen mit relativ geringem Aufwand getrackt und visualisiert werden. Das Ziel besteht in der Erfassung und Aggregation von Daten, die aufzeigen, wo ein Produkt bereits gut funktioniert und wo Optimierungsbedarf besteht.
Durchführung: Data Analytics beginnen mit der Auswahl der passenden Analysetools. Diese ergeben sich in der Regel aus der Art der zu analysierenden Produkte – so gibt es für Website-Analytics andere UX Research Tools (z. B. Contentsquare oder Google Analytics) als für App-Analytics (z. B. Adobe Analytics und Crazy Egg). Nachdem das richtige Tool gefunden und implementiert wurde, können schnell und automatisch erste Daten erfasst werden. Je nach Bedarf und Fragestellung werden danach immer neue Reports und Dashboards angelegt.
Research-Ergebnisse beim User Journey Mapping visualisieren
Beim Prozess des User Journey Mappings können die Ergebnisse der unterschiedlichen Methoden entlang der User Journey visualisiert werden. Grundlage dieser Methode ist – wie der Name schon sagt – ein Verständnis der User Journey, also den Phasen der Interaktion von Nutzern mit Ihrem Unternehmen.
Ziel: Beim User Journey Mapping werden gleich mehrere Bereiche identifiziert, in denen das Kundenerlebnis verbessert werden kann. Ziel ist es, alle Berührungspunkte (digitale Touchpoints) oder Interaktionen eines Benutzers mit dem Unternehmen aufzuzeichnen und Probleme, Verbesserungsmöglichkeiten und Schlüsselpunkte der Interaktion zu identifizieren. Dazu wird an jedem Touchpoint die jeweils sinnvollste Research-Methode gewählt.
Durchführung: Eine User Journey Map umfasst in der Regel mehrere Phasen, z. B. Recherche, Erwägung, Kauf, Nutzung und Support. Jede Phase erzeugt eine Reihe von Aktionen, Emotionen und Wahrnehmungen bei den Nutzern, die im Rahmen von Workshops oder Fokusgruppen, aber auch durch Datenanalysen aufgedeckt werden können. Die Emotionen werden dann durch visuelle Elemente wie Symbole, Farben oder Beschriftungen dargestellt. Meist werden die Ergebnisse mit den Zielen des Unternehmens verbunden.
Best Practices: So gelingt die Umsetzung von UX Research
Für UX Research gilt das gleiche wie für wissenschaftliche Ansätze: Ohne korrekte Methodik, saubere Durchführung und richtige Interpretation können Daten ein falsches Bild aufzeigen. Damit ein UX Research nicht in die Irre führt, empfehlen wir folgenden Prozessablauf:
- Beginne mit der Formulierung einer Hypothese und definiere Ziele
- Wähle die passende(n) Research-Methode(n)
- Halte die Research Strategie schriftlich fest
- Rekrutiere Teilnehmer
- Bereite Materialien vor
- Führe die Research-Sessions durch
- Analysiere und interpretiere die Daten
- Erarbeite Folge-Hypothesen
Schritt 1:
Hypothese und Research-Ziele
Ausgangshypothesen ergeben sich oft ganz automatisch aus dem Geschäftsalltag, sofern im Unternehmen Strukturen etabliert sind, die ein kundenzentriertes Arbeiten ermöglichen.
Beispielsweise kommen im Customer Support immer wieder die gleichen Anfragen an oder Sales Mitarbeiter hören wiederholt ähnliche Kundenwünsche. Auch Analytics können Hypothesen nahelegen, wenn zum Beispiel die Absprungrate auf einer bestimmten Landing Page viel höher ist als normalerweise.
Nehmen wir eine SaaS-Lösung zum Management des Rekrutierungsprozesses. Immer wieder rufen Kunden an und wünschen sich eine automatische Löschung von Bewerberdaten nach den datenschutzrechtlich vorgesehenen Fristen. Nur, weil das immer wieder nachgefragt wird, muss es aber nicht direkt auf die Roadmap kommen. Gerade bei jungen Start-ups muss der Fokus auf den Differentiatoren des Produktes zum Wettbewerb liegen und sollte der Strategie des Geschäftsmodells folgen. Tatsächlich wäre es ein großer Fehler, davon losgelöst das Feedback von Kunden in das Produkt zu implementieren. Philipp Klöckner, Investor und Finanzexperte findet dazu klare Worte:
„Was schlecht ist, ist immer – wenn du wenige Kunden hast – auf das Feedback einiger Kunden ungefiltert zu reagieren. […] Wenn du versuchst, jeden Kundenwunsch umzusetzen. […] Da ist es super gut, 10 Kunden zu fragen: "Würdet ihr dafür so und so viel Geld extra zahlen, wenn wir das bauen?", um das quantitativ zu belegen. Zu viel zu iterieren ist schlecht.” – Philipp Klöckner im Doppelgänger.io Tech Talk Podcast #228 (min. 16:40).
Das Research-Ziel könnte darin bestehen zu validieren, ob genug Kunden und potentielle Neukunden bereit wären, für ein solches Feature mehr Geld auszugeben.
Schritt 2:
UX Research-Methode(n) wählen
Zu Beginn eines Iterationsprozesses bieten sich qualitative Methoden an. Wenn eine Hypothese hier validiert werden konnte, sollte sie durch quantitative Methoden quantifiziert werden. Die folgende Grafik ist bei der Auswahl der richtigen Methode eine gute Hilfe:
Schritt 3:
UX Research Strategie erstellen
Eine UX Research-Strategie ist der Plan, nach dem das Research-Projekt durchgeführt werden soll. Sie enthält in der Regel einen Überblick über die Ziele, die Zielgruppe, die anzuwendenden Methoden, den Zeitplan sowie die Rollen und Verantwortlichkeiten des Research-Teams.
Eine UX Research Strategie hilft bei einem systematischen und organisierten Vorgehen, das auf die Gesamtziele des Projekts abgestimmt ist. Hier muss kein ewig langes Dokument erstellt werden – ein paar PowerPoint-Slides reichen (normalerweise) völlig.
Auch die Grenzen des Vorhabens können hier aufgenommen werden. Matt Gallivan,
Senior Director of Product Research bei Slack, schreibt dazu: „Die Bescheidenheit, die notwendig ist, um die Grenzen der eigenen Arbeit von vornherein zu benennen, ist ein zunehmend wichtiger Bestandteil von gutem UX Research.“
Schritt 4:
Rekrutierung von Teilnehmern
Während automatisierte Verfahren zur Datenerhebung wie Analytics und A/B-Tests ohne die Rekrutierung von Teilnehmern auskommen, brauchen andere Methoden willige Testpersonen, die sich Zeit für eine Research-Session nehmen.
Diese sollten bezüglich ihrer demografischen Hintergründe durchaus divers sein. Eine Testgruppe aus ausschließlich weiblichen Millennials mit abgeschlossenem Masterstudium und mindestens zehn Jahren Berufserfahrung ist nicht aussagekräftig. Trotzdem müssen alle Testpersonen zur Zielgruppe gehören – also der definierten UX-Persona entsprechen. Wie also die passenden Kandidaten finden?
Mögliche Wege zur Rekrutierung von Testpersonen:
- Das eigene Netzwerk: Die erste Anlaufstelle für UX Research sollte immer die bestehende Community (Kunden, Partner, Prospects) sein. Dort tummeln sich Menschen, die das Unternehmen bereits kennen und schätzen und oft sogar ein persönliches Interesse daran haben, dass sich die Produkte weiterentwickeln. So testen Airlines neue Sitze beispielsweise zunächst an Stamm-Passagieren mit Vielfliegerstatus.
- Soziale Medien: Berichte auf LinkedIn, Twitter oder Instagram über das Vorhaben. Dort erreichst Du gezielt Menschen, die dem Unternehmen bereits folgen und dadurch recht wahrscheinlich zur Zielgruppe gehören. Mit bezahlten Anzeigen auf Social Media Plattformen kann ein noch breiteres Publikum erreicht werden.
- Online-Rekrutierungsplattformen: Seiten wie UserTesting.com ermöglichen Zugriff auf einen großen Pool an potenziellen Teilnehmern, die nach spezifischen Kriterien gefiltert werden können, um einen guten Querschnitt der potenziellen bzw. bestehenden Verwender abzubilden.
- Agenturen: Natürlich gibt es auch Agenturen, die einen Pool an Testpersonen aufgebaut und diesen bereits nach Personas sortiert haben. Auf dieser Grundlage können beispielsweise schnell Usability-Tests beauftragt und umgesetzt werden. Insbesondere bei Personen, die z.B. als Manager oder Entscheider in Unternehmen arbeiten, ist es schwer, diese selbst in einem vertretbaren Kosten- und Zeitaufwand zu rekrutieren.
Schritt 5:
Vorbereiten von Materialien
Ihre Research-Materialien hängen natürlich von den gewählten Research-Methoden ab. Bei Interviews muss ein Interviewleitfaden erstellt werden, bei Umfragen ist es ein Fragebogen.
Ein paar Best Practices gelten aber für alle Arten von Research-Material. Gute Unterlagen sind…
- Klar und leicht verständlich: Achte darauf, dass die Fragen oder Aufforderungen in einer Sprache verfasst sind, mit der die Zielgruppe vertraut ist.
- Objektiv und unvoreingenommen: Vermeide Suggestivfragen, die die Antworten der Teilnehmer beeinflussen könnten.
- Relevant: Stelle nur die Fragen bzw. formuliere nur solche Aufforderungen, die in direktem Zusammenhang mit dem Research-Ziel stehen.
- Möglichst kurz: Vermeide die Ermüdung der Teilnehmer. Lange Umfragen oder Interviews können zu niedrigeren Antwortquoten und einer geringeren Datenqualität führen.
- Logisch aufgebaut: Beginne mit allgemeinen Fragen, damit sich die Teilnehmer an die Situation gewöhnen können, bevor die spezifischen Fragen oder Aufforderungen kommen.
- Klar formatiert und übersichtlich: Verwende Überschriften, Zwischenüberschriften und Aufzählungspunkte, um den Text aufzulockern und das Überfliegen zu erleichtern.
- Getestet: Teste das Material mit einer kleinen Gruppe von Teilnehmern (z. B. internen Mitarbeitern) vor der Session, um eventuelle Probleme zu erkennen und auszubessern.
Schritt 6:
UX Research Sessions durchführen
Der Ablauf hängt von den gewählten Methode ab. Insgesamt gilt: Eine gute Vorbereitung ist die wichtigste Aufgabe. Wenn die passende Methode ausgewählt, die Teilnehmer angeheuert und die Materialien erstellt sind, kann hier nicht mehr viel schiefgehen.
Wird mit Testpersonen gearbeitet, sollte unbedingt auf eine angenehme Atmosphäre geachtet werden. Wenn Menschen sich wohlfühlen, können sie ehrlicheres Feedback geben. Denn in Stresssituationen leiden unsere kognitiven Fähigkeiten – und das kann die Ergebnisse von Usability-Tests, Fokusgruppen und Interviews schnell negativ beeinflussen.
Schritt 7:
Analyse der Daten
In diesem Schritt werden die Erkenntnisse endlich in die Praxis übersetzt. Um beim Beispiel der HR-Software zu bleiben: Nehmen wir an, bei Kundeninterviews kam heraus, dass 80 % der Kunden sich ein automatisiertes Lösch-Feature wünschen und im Schnitt bereit wären, 16 € mehr pro Monat dafür zu zahlen.
Dann besteht die Frage darin, ob der potentielle Umsatzgewinn die Entwicklungskosten trägt. Sofern ja, ergeben sich automatisch weitere Research-Fragen: Wie könnte ein solches Feature aussehen? Wo in der Navigation sollte es zu finden sein? Und schon kann der Prozess von vorn beginnen.
Und noch ein Hinweis zum Schluss: Gerade quantitative Methoden sind oft keine exakte Wissenschaft. Auch bei noch so intelligent gewählten Research-Methoden bleibt ggf. ein Element der Ungewissheit.
Fazit:
Mit UX Research zu echter Kundenzentrierung
Für Unternehmen, die langfristig erfolgreich sein wollen, ist UX Research schon lange nicht mehr nur „nice-to-have“. Kunden sind es längst gewohnt, Produkte zu benutzen, die nicht nur reibungslos funktionieren, sondern auch intuitiv und angenehm zu bedienen sind.
Und was genau Kunden als angenehm empfinden, weiß niemand besser, als die Kunden selbst. Zwar ist nichts verkehrt daran, eine klare Vision für das eigene Produkt zu haben und diese gezielt umzusetzen. Aber wenn die eigenen Annahmen und Ideen sich nicht durch UX Research belegen lassen, besteht die Gefahr, sich zu verrennen und „am Markt vorbei“ zu entwickeln.
Erfolgreiche Unternehmen setzen UX Research deshalb als integralen Bestandteil ihres Designprozesses ein und investieren in die notwendigen Ressourcen, Tools und Fachkenntnisse.
FAQs
Was ist UX Research?
Unter dem Begriff „UX Research“ (User Experience Research) werden alle Methoden verstanden, mit denen das Verhalten der Nutzer, ihre Bedürfnisse und Motivationen erfasst werden können. Das Ziel besteht darin, benutzerfreundliche Lösungen zu entwickeln.
Welche UX-Methoden gibt es?
Zu den UX-Methoden gehören Beobachtungsstudien, Interviews, Umfragen, Usability-Tests, Card Sorting, A/B-Tests und viele weitere. Diese Methoden helfen, Benutzeranforderungen und -präferenzen zu identifizieren und das Produktdesign entsprechend anzupassen.
Wie kann ich UX Research in meinem Unternehmen umsetzen?
Das kommt auf deine individuellen Ziele an. In der Praxis muss UX Research nicht immer kompliziert sein. Ein spontaner Usability-Test mit vier bis fünf Testpersonen kann bereits wertvolle Erkenntnisse liefern. Für größer angelegte Research-Projekte solltest duein UX-Team aufbauen oder externe Experten beauftragen.
Welches Ziel verfolgt UX Research?
Das Hauptziel von UX Research ist es, die Bedürfnisse, Erwartungen und Verhaltensweisen der Nutzer zu verstehen, um benutzerfreundliche und effektive Lösungen zu entwickeln. Dadurch wird die Kundenzufriedenheit gesteigert und die Bindung der Nutzer an das Produkt oder die Dienstleistung erhöht.